24.09.2019 – 22.03.2020

Gastspiel: Kalendarische Präzisions-Tischuhr

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Gastspiel «Kalendarische Präzisions-Tischuhr», vermutlich Antoine Lepine, Paris, um 1800. Leihgabe: Privatbesitz.
Edle Tischuhren wie diese waren anfangs des 19. Jahrhunderts besonders in Frankreich beliebt. In der Zeit des Directoires, kurz nach der französischen Revolution, möblierte die gehobene französische Gesellschaft ihre Salons und Räumlichkeiten in einem schlichten, aber hochfeinen Stil. Eine kostspielige Tischuhr durfte dabei nicht fehlen. Auch am französischen Hof waren die Uhren zu finden.

Brigitte Vinzens, Konservatorin des Uhrenmuseums Winterthur, stellt den aktuellen Gast mit seiner individuellen Geschichte in der Reihe «Museum am Mittag» am Freitag, 15. November 2019, 12:30 Uhr vor. Die Führung ist kostenloser Bestandteil des Museumseintritts. Eine Anmeldung ist nicht nötig.

Eleganz in der Zeit des französischen Directoires

An der gezeigten Präzisions-Tischuhr finden wir rechts oben ein kleines Zifferblatt mit einem aussergewöhnlichen Jahreskalender. Er beginnt mit dem Revolutionsjahr 1792 und endet 1803. Könnte diese Uhr in einer Residenz Napoleon Bonapartes oder seines Umfeldes gestanden haben? Napoleon Bonaparte war von 1799 bis 1804 Erster Konsul und damit Machthaber der Französischen Republik. 1804 wurde er zum Kaiser Frankreichs gekrönt, mit weitreichenden Folgen für die Geschichte von ganz Europa.

 

Präzise und vielseitig

Die Präzisions-Tischuhr zeugt von Uhrmacherkunst auf höchstem Niveau und von einer profunden Kenntnis der verwendeten Materialien. Das ganze Uhrwerk ist «skelettiert», also ausgeschnitten und darum sichtbar. Aufgrund der feinen Arbeit könnte die Uhr Antoine Lepine zugeschrieben werden. Lepine, ein Uhrmacher mit Schweizer Wurzeln, fertigte in Paris Uhren für den königlichen Hof und später für das Regime von Napoleon Bonaparte an.

Die Hauptmerkmale dieser Uhr sind einerseits ihre zeitliche Präzision, andererseits die vielen Kalenderangaben, welche diese Genauigkeit stören könnten. Die Kalenderangaben sind auf sechs kleinen Zifferblättern angeordnet, im Uhrzeigersinn rund um den zentrischen Ziffernring. über der Ziffer 12 befindet sich die Monatsangabe. Es folgen ein Jahreskalender von 1792 bis 1803, der Zyklus der Monate (Zodiak) mit entsprechenden Tierkreiszeichen, das Mondalter, ein ewiger Kalender mit Schaltjahren («BXT») und ein Zifferblatt für das Datum.

 

Innovativer Antrieb und technische Raffinessen

Wenn eine Uhr viele zusätzliche Anzeigen hat, beeinflussen diese ihre Präzision eher nachteilhaft. Der Hersteller der Uhr war sich dieser störenden Einflüsse wohl bewusst. Um die Kalenderanzeigen auf den sechs kleinen Zifferblättern anzutreiben, verwendete er ein Schaltrad mit Stiften, welches in vierfachen Rollen gelagert ist und die gesamten Anzeigen nur alle 24 Stunden schaltet. Dieses Stiftenrad sitzt auf dem Zentrum des untersten grossen Rades und wird mitsamt diesem Rad direkt von einer Feder angetrieben, die offen sichtbar ist. Eine clevere Konstruktion, um den Präzisionsgang der Uhr nicht zu stören. Alle Räder haben eine sogenannte Wolfsverzahnung. Die Hemmung ist mit Scherenanker und doppelter Gabel ausgestattet, zur Halbierung der Gangschritte.

Die Uhr hat eine Gangdauer von 30 Tagen. Sie besitzt ein Kompensationspendel mit Schneiden-Aufhängung. Die Länge dieses sogenannten «Rost-Kompensationspendels» wird bei Temperaturveränderungen durch das Rostgitter korrigiert. Die Gitterkonstruktion macht sich die unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten von Stahl und Messing zu Nutze.

Informationen für Medienschaffende

Medieninformationen und hochaufgelöste Medienbilder finden Sie als Downloaddateien auf unserer Website.

Wir freuen uns über die Zusendung eines Belegexemplares oder eines Links mit Berichterstattungen über das Uhrenmuseum Winterthur.

Vielen Dank!

Brigitte Vinzens
Konservatorin Uhrenmuseum Winterthur

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