23.09.2025 – 22.03.2026

Gastspiel: Altarförmige Stockuhr aus Zug

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Gastspiel «Altarförmige Stockuhr aus Zug», Zug, um 1730/40, Sign.: T. L. Brandenberg A Zug; Leihgabe: Privatbesitz; Fotos: Michael Lio
Die prachtvolle Altaruhr von Thomas Lorenz Brandenberg ist eine im 17. Jh. aus der einfacheren Stutz- oder Stockuhr entwickelte Form. Solche Uhren waren vorwiegend in der Barockzeit verbreitet und konnten sich nicht an die späteren Stilrichtungen anpassen.

Jasmin Gadola, Konservatorin Uhrenmuseum Winterthur, stellt die aktuelle Gastuhr in der Reihe «Museum am Mittag» am Freitag, 21. November 2025, 12:30 Uhr vor. Die Führung ist kostenloser Bestandteil des Museumseintritts.

Uhrmacherei in Zug

Die Hochblüte der Zuger Uhrmacherei fällt mit den Uhrmacherfamilien Brandenberg und Landtwing ins 17. und frühe 18. Jahrhundert. Thomas Lorenz Brandenberg, auch Thomas Leonz oder Thoma Leonti genannt, scheint der letzte Uhrmacher der Familie Brandenberg zu sein. Anstelle der offenen, eisernen Konsolenuhren mit Gewichtszug verbreiteten sich in jener Zeit die Pendeluhren mit Federzug sowie Kommodenuhren, Tischuhren, Stock- oder Stutzuhren im barocken Stil. Dementsprechend stellte auch Thomas Lorenz Brandenberg diese Uhrenarten her.

 

Der besondere Stil

Die prachtvolle, barocke Kommodenuhr ist eine im 17. Jahrhundert aus der einfacheren Stutz- oder Stockuhr entwickelte Form mit einem dem Tabernakel ähnlichen Gehäuse. Diese Gestaltung findet sich überwiegend in Italien, Österreich und Süddeutschland, schliesslich anfangs des 18. Jahrhundert auch in der Schweiz. Die Gehäuse und Zifferblätter dieser speziellen, charakteristischen Uhren konnten sehr reich und prunkvoll gebildet sein. Verbreitet waren diese Uhren vorwiegend in der Barockzeit, und sie konnten sich nicht an die nachfolgenden Stilrichtungen anpassen. Den schlichteren, geraden Kommodenuhren gelang dies hingegen weit darüber hinaus.
 

Die altarförmige Uhr und ihre Bedeutung

Ihr Gehäuse ist aus hochwertigem, poliertem Obstholz. Im Sockel befindet sich eine Schublade für den kunstvoll gestalteten Schlüssel. In den vier Ecken des reich getriebenen, ziselierten und feuervergoldeten Zifferblatts sind Putten als Allegorien der Jahreszeiten dargestellt. Auch das Uhrwerk ist auf der Rückplatine vollflächig mit einer Füllhornthematik graviert. Innerhalb des versilberten Zifferringes unter der Ziffer XII ist ein kleines Zifferblatt mit einem Sekundenzeiger angebracht, die sogenannte «kleine Sekunde». Im Zentrum, unter den feinen, gebläuten Zeigern, befindet sich eine kleine Wecker-Stellscheibe. Der Stundenzeiger ist rückseitig verlängert und dient als Indikator. Durch das Drehen der Weckerscheibe wird die gewünschte Weckzeit auf das kurze Ende des Stundenzeigers gerichtet.

Ausserhalb des Zifferringes, über der Ziffer XII, findet sich eine Öffnung für das Scheinpendel. Dank diesem kann man sehen, ob die Uhr läuft, da man aufgrund der Gehäusekonstruktion keine Sicht auf das Pendel hat. In der halbkreisförmigen Öffnung ist eine kleine Scheibe zu sehen. Schwingt das Pendel, bewegt sich die kleine Scheibe hinter der Öffnung auch mit, sodass die Illusion eines schwingenden Pendels erzeugt wird.

Solche Scheinpendel sind gegen Ende des 17. Jahrhunderts auch an Taschenuhren anzutreffen. Nach Huygens’ Pendelerfindung galt das Uhrpendel als Inbegriff genauer Zeitmessung. Dadurch wurde die Uhr nicht mehr allein als Prunkgegenstand verstanden.

Direkt über dem Scheinpendel befindet sich ein kleines Hilfszifferblatt. Es dient der Ein- und Ausschaltung des Schlagwerks. Die Bezeichnungen dieses Zifferblatts sind in Latein eingraviert: «Sonat» steht für «Es klingt», «Silef» für «Schweigen». Diese lateinische Inschrift gibt einen Hinweis auf den gehobenen Stand der Besitzer. Diese Uhr stammt laut Angaben der Vorbesitzer aus einem alten Privatbesitz in Zug, vermutlich war es eine aristokratische Familie. Ob sie davor in kirchlichem Besitz war, bleibt im Dunkeln. Wir wissen einzig, dass Zug während der Reformation von 1526 entschieden hatte, katholisch zu bleiben und zusammen mit Uri, Schwyz, Unterwalden, Freiburg und Solothurn am 5. Oktober 1586 den Goldenen Bund bildete. Mit dem Kapuzinerkloster von 1595 kam daraufhin die erste städtische Ordensniederlassung zustande. Zudem wurden bis ins 18. und teilweise bis ins frühe 19. Jahrhundert die Vorlesungen an den Universitäten in ganz Europa in Latein gehalten. Die römisch-katholischen Messen wurden in der Schweiz sogar bis 1970 lateinisch gelesen.

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Jasmin Gadola
Konservatorin Uhrenmuseum Winterthur

+41 +52 267 51 36 / 28